Yoshitaka (Giko) Funakoshi

 

Über das Leben von Yoshitaka Funakoshi

von Mogens Alfredo Gallardo, Shotokai Chile

Aus dem eng. Übersetzt von P. Petrella

 Obwohl Yoshitaka oder auch Giko, es kommt darauf an wie man die Kanji ließt,  früh an Tuberkulose starb, hatte der dritte Sohn von O-Sensei Gichin Funakoshi wohl den größten Einfluss auf das moderne Shotokan Karate. Im Alter von 7 Jahren wurde bei Giko Tuberkulose diagnostiziert und eigentlich war er ein schwächliches Kind. Das Karate half ihm aber seinen Zustand zu verbessern, ja sogar ihn zu einem der besten Kämpfer seiner Zeit werden zu lassen.

Gichin Funakoshi, Vater und Begründer des Shotokan Karate hat das Karate aus Okinawa (Jutsu), einer bloßen Kampfkunst, zu Karate-Do  weiter entwickelt. Dies geschah sicher unter dem Einfluss der japanischen Kultur, dem Einfluss von Jigoro Kano (Begründer des Judo) und Nakayama (ein großer Kendo Meister). Funakoshi hatte damals den Wert des Budo, des Do als Lebensweg erkannt. Giko war mit Unterstützung  seines Vaters und andern Kampfkunstexperten  für die Weiterentwicklung des Karate und der Karate-Technik verantwortlich. Einem Karate, das sich definitiv von dem Karate das man auf dem übrigen Okinawa praktizierte unterschied, einem Karate das einen komplett andern, einen stark japanischen Charakter hatte.

Yoshitaka fing seine formale Karateausbildung mit 12 Jahren an. Er kam natürlich durch seinen Vater schon viel früher mit Karate in Kontakt. Im Buch "Karate-Do: My Way of Life" erzählt  Gichin Funakoshi wie er oft Yoshitaka bei seinem Kata-Training zusehen ließ, wenn er bei  Azato oder Itosu ins Training ging.

Obwohl er nicht sehr groß war, hatte er doch eine enorme Ausstrahlung von Größe. Er war ein wirkliches Phänomen der Kampfkunst Karate und erlangte ein sehr hohes technisches wie mentales Niveau. Yoshitaka wurde von vielen seiner Zeitgenossen körperlich / technisch als einer der besten Karateka angesehen; Shigeru Egami hielt ihn sogar für ein Karate-Genie.

In seinen Geschichten erzählte Egami wie Yoshitaka am Makiwara arbeitete. Er übte oft in Kiba-Dachi, und beim Schlagen und Treten legte er immer seinen gesamten Körper in die Schläge hinein. Oft, so hieß es, hat Yoshitaka die Makiwara's kaputt geschlagen.

Es gibt natürlich viele Erzählungen und Überlieferungen, aber heute ist schwierig, Wahrheit von Legende zu unterscheiden. Aber eines ist sicher, Yoshitaka war seiner Zeit voraus.

Mehr als sein Vater war Giko der technische Schöpfer des modernen Shotokan Karate. Das von Okinawa herkommende Tode betonte mehr die Verwendung und Entwicklung der oberen Gliedmaßen, hohe Stellungen und vor allem kleine Bewegungen. Giko veränderte im Zeitgeist des 2. Weltkrieges das Karate in tiefe, kraftbetonte Stellungen wie Kiba-Dachi, Fudo-Dachi und er legt im besonderen auch Wert auf starke Fußstöße. Giko  entwickelte Mawashi-Geri, Yoko-Geri-Kekomi, Yoko-geri-Keage, Ura-Mawashi-Geri and Fumi-Komi. Sensei Taiji Kase entwickelte den Ushiro-Geri und Keiten-Geri.  Yoshitaka achtete immer darauf das bei den Fußtechniken das Knie vor dem Treten so hoch wie möglich angezogen wurde, viel höher als bei anderen Stilrichtungen, damit die Beintechnik mit mehr Kraft und Geschwindigkeit aus geführt werden kann.  Ein weiterer Punkt war, das bei den Fußtechniken der korrekte Hüfteinsatz besonders geübt wurde.

Giko legte wie schon gesagt besonderen Wert auf lange Angriffe mit tiefen Stellungen (Fudo-Dachi). Ebenso auf das Üben von Oi-Tsuki und Gyaku-Tsuki.

Das Training bei Sensei Yoshitaka war sehr anstrengend, den er erwartete von seinen Schülern das sie ins Training die doppelte Energie einer realen Konfrontation mit einem Gegner steckten. Giko wollte sicher gehen das seine Leute auf eine solche Situation optimal vorbereitet sind. Sein Vater stimmte den Änderungen ohne Widerspruch zu, obwohl er, wenn er Training gab einigen Details auf andere Weise als sein Sohn erklärte.

Yoshitaka wurde von seinen Schülern und Trainingskameraden für sein Können hoch respektiert. Unter Giko's Leitung zwischen 1936 und 1945 veränderte sich vor allem das Kumite Training, Jiyu-Kumite etc. Während sein Vater mehr Wert auf das Kata-Training legte, so legte Yoshitaka mehr Wert auf das Kumite-Training. Zuerst entwickelte Yoshitaka das 5-Schritt-Kumite (Gohon-Kumite), ein System das er  beim Kendo-Großmeister Nakayama Hakudo  erlernt hatte. Von ihm hatte er sich auch viele weitere Inspirationen für die Weiterentwicklung des Shotokan Karate geholt. 1936 führte Yoshitaka das Kihon-Ippon-Kumite , gefolgt vom Jiyu-Ippon-Kumite ein. Es war auch die Zeit in der er Ten-No-Kata und Chi-No-Kata entwickelte. Ten-No-Kata wird noch immer geübt, Chi-No-Kata ist über die Jahre leider verloren gegangen.  Das Ganze endete dann in Jiyu-Kumite (Freikampf) 1945. An Entwicklung des Karate von 1936 bis 1945  waren insbesondere auch Genshin Hironishi und Shigeru Egami und andere Karateka, die nicht am Krieg teilgenommen hatten beteiligt.

1936 wurde das Buch "Karate-Do-Kyohan" publiziert. Es beinhaltete die neuen Kumite-Grundlagen, wie auch die Änderungen der Kata und der Trainingsmethoden. Dieses Buch war sozusagen die Geburtsstunde des Karate-Do, einer neuen japanischen Kampfkunst. Dies ging einher mit der Änderung des Kanji in Karate (Leere Hände) und dem Ändern der chinesischen Kata-Namen in wohlklingende japanische Katabezeichnungen. Ein Grund für die Änderung der Namen war der wachsende Nationalismus in Japan und der Druck des Butokukai, bei der man als Stilrichtung registriert sein musste.

1946 wurde dann von Yoshitaka und Gichin Funakoshi das Buch "Karate-Do-Niomon" publiziert. Man sagt das Yoshitaka für den technischen Teil und Gichin für die Einleitung und den historischen Teil zuständig war.

Jeder weiß das die Umstände des 2. Weltkrieges, die harten Lebensumstände verbunden mit einem fast schon selbstzerrstörerischen Training, mit ein Grund für Yoshitaka's Tod waren.

Es ist einfach zu spekulieren wie sich das Karate weiter entwickelt hätte, wenn Yoshitaka nicht so früh gestorben wäre. Sogar Shigeru Egami hat über dieses Thema in seinem Buch "The Spirit of Karate" negative geäußert, das sich das Karate in eine Richtung entwickelt hat, in der das Gewinnen einer Meisterschaft  oder das erlernen von Kampftechniken wichtiger ist, als das Karate-Do als Lebensweg zu sehen. Die Karatewelt würde sicherlich heute anders aussehen, es gäbe keine Trennung zwischen  Shotokan und Shotokai noch wäre das Karate so versportlicht.